Eine Einladung. Nach dem die Sitzordnung festgelegt wurde, saßen wir um Punkt 18 Uhr am Tisch – ab jetzt kamen die Speisen. Permanent etwas Neues, hübsche Teller, dampfende Schüsselchen, fröhliche Stimmen, lebendige Gespräche. Es war familiär, laut, herzlich. Keine steife Business-Atmosphäre, sondern eher wie ein lebendiges Sonntagsessen – nur an einem Dienstagabend.
Um 19:20 Uhr kam das letzte Gericht. Um 19:30 Uhr standen plötzlich alle auf. Ohne Umweg ging es jetzt nach Hause, ohne die berühmten Worte: „Wollen wir noch was trinken?“ Ich war irritiert – aber niemand sonst...
In China ist das normal. Ein formelles Abendessen beginnt früh und endet früh. Es ist der Hauptakt des Abends, nicht sein Auftakt. Es herrscht Klarheit, Wärme in der Kürze, Konzentration auf das Wesentliche. Und die Erkenntnis, dass ein Abend nicht lang sein muss, um nah zu sein. Was bei uns oft der Einstieg in ein geselliges Fortgehen ist, ist dort bereits das Zentrum des sozialen Miteinanders – komprimiert, intensiv, aber zeitlich klar umrissen. Keine Langeweile, kein Smalltalk-Marathon. Dafür echtes Teilen, gemeinsames Lachen, und dann: Aufbruch. Zurück ins Private. Zurück in den eigenen Rhythmus.